Immer fit fürs Fahren?

Artikel aus Newsletter Ausgabe 1, Januar 2007

Die demographischen Daten sind eindeutig: Die Deutschen werden immer älter und immer mobiler. Schon heute besitzen mehr als zwei Drittel der über 65-Jährigen einen Führerschein. Gerade weil die persönliche Mobilität für die Lebensqualität der Senioren einen so hohen Stellenwert hat, stellt sich die Frage nach der sicheren Verkehrsteilnahme.

Bekannt hoch ist das Unfallrisiko der Fahranfänger unter 25 Jahren, aber ähnlich gefährdet sind die über 75-jährigen Fahrer, besonders dann, wenn sie eine geringe Fahrpraxis haben.

Zwar sind Senioren im Straßenverkehr nicht automatisch benachteiligt. Ihre jahrzehntelange Fahrpraxis bedeutet einen großen Vorsprung gegenüber jüngeren Fahrern. Meist schätzen ältere Menschen das eigene Können realistischer ein als Führerscheinneulinge. Die kritische Selbstbeobachtung ist für Senioren entscheidend. Wer die eigenen körperlichen Schwächen kennt, kann diese durch einen angemessenen Fahrstil und bis zu einem gewissen Grad mit der Wahl des richtigen Fahrzeugs ausgleichen.

Ob und wie Mobilität mit dem eigenen Auto bewahrt werden kann, hängt vor allem von der Fahrkompetenz und von der körperlichen Verfassung des Fahrers ab. Ältere Verkehrsteilnehmer sind eher durch schlechtes Sehen, langsameres Einschätzen von Verkehrssituationen und reduzierte Reaktionsfähigkeit eingeschränkt. Das sind jedoch meist langsam fortschreitende Prozesse, die von den Betroffenen leider oft nicht rechtzeitig bemerkt werden.

Ein zusätzliches Problem sind Krankheiten und körperliche Einschränkungen, die natürlich auch bei jüngeren Fahrern die Fahrtauglichkeit reduzieren können z.B. nach der Diagnose von bestimmten Herzerkrankungen, Stoffwechselstörungen, neurologischen oder psychischen Störungen. Eine Untersuchung der Bundesanstalt für Straßenwesen hat gezeigt, dass Personen mit mehr als einer Krankheit ein 2,6 Mal so großes Risiko für einen Autounfall haben wie Gesunde.

Ältere Menschen sind häufiger krank, müssen öfter regelmäßig Medikamente nehmen, haben vielfach auch Mehrfacherkrankungen. Gerade bei älteren Menschen kann die Mehrfachkombination von Medikamenten – häufig noch kompliziert durch Eigenmedikation – wegen des veränderten Stoffwechsels mit verzögerter Ausscheidung die Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit einschränken.

Da stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Fahrtüchtigkeit; es ist für die Betroffenen nicht einfach, sich mit solchen Fragen auseinander zu setzen. Auch den behandelnden Ärzten fällt es häufig schwer, sich ein Bild von der Fahrtauglichkeit ihrer Patienten zu machen. Denn einerseits ist für die verkehrsmedizinische Bewertung von Erkrankungen Spezialwissen vonnöten. Andererseits besteht nicht selten Uneinigkeit zwischen Arzt und Patient in Sachen Fahrtauglichkeit. Ärzte kommen hier häufig in schwierige Situationen. Sie kennen einen Patienten vielleicht seit 30 Jahren, sind fast mit ihm befreundet und sollen ihm plötzlich sagen, dass er nicht mehr voll fahrtauglich ist. Dabei stehen Ärzte durch den Behandlungsvertrag in der Aufklärungspflicht. Verletzen sie diese, hafteten sie im Extremfall gegenüber ihren Patienten und gegenüber weiteren Unfallbeteiligten.

Dennoch muss die Frage geklärt werden. Nicht zuletzt verpflichtet der Gesetzgeber jeden Verkehrsteilnehmer, seine Fahrtauglichkeit gewissenhaft zu überprüfen.

Wer unsicher ist, ob er sein Auto noch sicher im Straßenverkehr bewegen kann, sollte sich daher auf jeden Fall freiwillig von fachlicher Seite beraten lassen, völlig unabhängig vom Alter. Regelmäßige augenärztliche Untersuchungen sind anzuraten ebenso wie hausärztliche Kontrollen. Auch Fahrstunden oder Fahrsicherheitstrainings, besonders nach längeren, z.B. erkrankungsbedingten Fahrpausen, sind zu empfehlen.

Zur individuellen Abklärung der Fahrtüchtigkeit bieten der TÜV Hessen und der TÜV SÜD mit dem Fitness-Check/KONDIAG, einer konsiliardiagnostischen Untersuchung/Begutachtung älteren und verkehrsrelevant erkrankten Kraftfahrern und deren behandelnden Ärzten eine Hilfestellung an. Diese Untersuchung, außerhalb des behördlichen Zwangs, stärkt die Eigenverantwortung älterer/erkrankter Kraftfahrer und klärt die Frage einer sicheren Verkehrsteilnahme. Zugleich hat der verantwortungsvoll handelnde Arzt, indem er mit seinem Patienten diese Konsiliardiagnostik in Anspruch nimmt, seinen Pflichten aus dem Behandlungsvertrag genügt und damit das Risiko der eigenen haftungsrechtlichen Inanspruchnahme (BGH NJW 2003, 2309) minimiert. Der Teilnehmer erhält eine klare, schriftliche Auskunft über seine Situation und Empfehlungen zur weiteren Verkehrsteilnahme. Ob sich der Betreffende an die Empfehlungen hält, bleibt letztlich ihm selbst überlassen, das Ergebnis der Untersuchungen unterliegt selbstverständlich der Schweigepflicht.

Ein positives Ergebnis bei einem Fitness-Check verschafft wieder Sicherheit und ein beruhigendes Gefühl. Und im Falle eines Falles wird der Versicherungsschutz nicht riskiert.

Zurück