DFA international: Workshop zu Fahrsimulatoren in Ankara

Artikel aus Newsletter Ausgabe 16, November 2014

Bianca BredowFoto: Bianca Bredow

Im Mai 2014 fand in Ankara ein zweitägiger Workshop zum Thema „Fahrsimulatoren in der Fahrschulausbildung und Fahrerlaubnisprüfung“ statt. Dipl.-Psych. Bianca Bredow hat im Auftrag der DFA Forschungsergebnisse zur Lernwirksamkeit von simulations-basierten Trainings und zum Einsatz von Verkehrswahrnehmungstests vorgestellt. Damit hat die DFA erfolgreich an die inzwischen seit vier Jahren bestehende Kooperation mit der türkischen Verkehrsverwaltung angeknüpft.

Der Workshop ist dem sogenannten „TAIEX-Programm“ der EU-Kommission zuzuordnen. Dieses Programm dient dazu, Partnerländer – in diesem Fall die Türkei − bei der Einführung von EU-Standards und der Anwendung von EU-Recht zu unterstützen. Zu diesem Zweck hatten sich ca. 80 Teilnehmer zusammengefunden, die vorrangig dem türkischen Bildungsministerium und türkischen Fahrlehrerverbänden angehören. Als „European Speaker“ sprachen neben Bianca Bredow vom Institut für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung an der Universität Potsdam (IFK) auch Tamas Hima, Vizepräsident der CIECA, und Eddy Klynen, Geschäftsführer der Flämischen Stiftung für Verkehrswissen.

Fortschritte des türkischen Fahrerlaubniswesens

Am ersten Tag des Workshops wurde den Teilnehmern erläutert, wie sich das türkische Fahrerlaubniswesen in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hat. In den daran anschließenden Vorträgen der drei ausländischen Referenten wurden vor allem die Verbreitung, Ausgestaltung und Lernwirksamkeit von simulations-basierten Trainings thematisiert. Die Workshop-Teilnehmer waren an den Vorträgen sehr interessiert und führten im Anschluss rege Diskussionen. Am Nachmittag folgten Präsentationen türkischer Fahrlehrer. Darin wurde beschrieben, inwieweit in der Türkei bislang Simulatoren eingesetzt werden und für welche Zwecke sie künftig genutzt werden sollen.

Simulatoren in der Fahrausbildung

Am zweiten Tag des Workshops wurden zunächst die Diskussionen zur Nutzung von Simulatoren in der Ausbildung vertieft. Darauf aufbauend wurde der Fokus dann stärker auf die Fahrerlaubnisprüfung und insbesondere den Einsatz von Simulatoren in der Prüfung gelegt. Dazu erfolgten erneut Vorträge der drei ausländischen Referenten. Danach diskutierten die Workshop-Teilnehmer in vier Gruppen die folgenden Fragen:

  • Welche Dauer sollten simulations-basierte Trainings aufweisen?
  • Welche Ausbildungsinhalte können im Rahmen simulations-basierter Trainings vermittelt werden?
  • Welche technischen Anforderungen sind an Simulatoren zu stellen?
  • Wie können Fahrlehrer zur Nutzung von simulations-basierten Trainings in der Fahrschulausbildung fortgebildet werden?

Die Diskussionsergebnisse der einzelnen Gruppen wurden anschließend den ausländischen Referenten vorgestellt. Dabei zeigte sich, dass die Ergebnisse nur teilweise mit den wissenschaftlichen Empfehlungen übereinstimmten (z.B. im Hinblick auf die Nutzungsdauer von Simulatoren). Zu anderen Teilen entsprachen sie den Überlegungen, die in der Türkei bereits vor dem Workshop kursierten. Beispielsweise sollen die simulations-basierten Trainings vorrangig für die Vermittlung basaler Fähigkeiten zur Fahrzeugbedienung wie Schalten, Kuppeln und Lenken eingesetzt werden, nicht jedoch zur Ausbildung von Fähigkeiten zur Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung. Dies erscheint bedauerlich, weil die Forschung zeigt, dass die Nutzung von Simulatoren gerade im Bereich der Gefahrenlehre besonders lernfördernd und verkehrssicherheitswirksam sein kann. Weiterhin sollen die Trainings nicht als ein ergänzendes Lernangebot im Ausbildungssystem dienen, sondern einen Ersatz für einige der (ohnehin knapp bemessenen) Fahrstunden im Realverkehr darstellen.

Schöpferische Unruhe

Die Widersprüche zwischen den Empfehlungen der Referenten und den ursprünglichen türkischen Maßnahmeplänen führten zu schöpferischer Unruhe und konstruktiven Diskussionen unter den Workshop-Teilnehmern. So wandten sich im Anschluss an den Workshop einige der Teilnehmer an die Referenten, um mit ihrer Hilfe dem türkischen Bildungsministerium neuartige Vorschläge zur Weiterentwicklung des Fahrerlaubnissystems zu unterbreiten. Vielleicht trugen diese Aktivitäten auch dazu bei, dass die EU kürzlich ein eigenständiges Projekt vergeben hat, mit dem die Weiterentwicklung der türkischen Fahrschulausbildung, Fahrerlaubnisprüfung, Fahrlehrerausbildung und Fahrerlaubnisprüferausbildung wissenschaftlich unterstützt werden soll. An diesem Projekt werden auch Vertreter der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände und des IFK mitwirken. Die DFA ist also – zumindest indirekt – auch bei diesem Projekt mit dabei!

Bianca Bredow

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Zur Person

Bianca Bredow hat ihr Psychologie-Studium im Jahr 2013 mit einer Diplomarbeit zur Wirksamkeit des brandenburgischen Verkehrssicherheitsprojekts „Regio-Protect 21“ abgeschlossen. Seitdem ist sie am Institut für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung an der Universität Potsdam tätig. Dort wirkt sie an den BASt-Projekten zur Optimierung der Fahrschulausbildung (in Kooperation mit der DFA), der Aufbauseminare für Punktetäter und der Fahrlehrerausbildung mit. Darüber hinaus arbeitet sie im Auftrag der TÜV|DEKRA arge tp 21 an der Entwicklung eines Verkehrswahrnehmungstests.

 

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