Verkehrsverlag Remagen (VVR): Wie Stress hinter dem Lenkrad das Fahrverhalten beeinflusst

Artikel aus Newsletter Ausgabe 8, November 2010

Ein wichtiges und schwieriges Thema innerhalb der zweiten Lektion „Grundstoff“. Was ist dran am Stress im Straßenverkehr und welche Auswirkungen haben tatsächliche oder vermeintliche Stress-Situationen auf unser Verhalten hinter dem Lenkrad? 

Der Körper macht mobil 

Stressreaktionen treten im Straßenverkehr immer bei bestimmten Belastungen auf. Jeder spürt in solchen Situationen, dass der Körper auf diese Belastungen und Reize reagiert. 

Eingehende Reize aktivieren zunächst die Wachheitszentrale des Fahrers. Sie besteht aus einem dichten Netz von Nervenzellen in der Hirnrinde. Der Fahrer spürt eine Bedrohung, sein Aktivitätsspiegel steigt unbewusst. Er wird zunächst wacher, reagiert schneller und konzentrierter. 

Nun kann das Gehirn aber nur eine begrenzte Anzahl von Informationen und belastenden Reizen verarbeiten. Maximal 2 bis 5 Infos in der Sekunde. 

Wird diese Schwelle erreicht oder überschritten, gerät der Aktivitätsspiegel in den Maximalbereich. 

Ist dieser erreicht, erhöht sich die Muskelspannung und bewirkt eine Versteifung der Bewegungsfähigkeit. 

Die Bewegungsgenauigkeit und -geschwindigkeit erleiden spürbare Einbußen. 

Die eingehenden Reize lassen das Herz verstärkt arbeiten und die Augenpupillen erweitern sich. Daraus folgt eine Beeinträchtigung des Nahsehens, Herzflattern sowie Schweiß an Handflächen, Fußsohlen und Stirn.

Stress in Maßen ist durchaus förderlich 

Schädlich und gefährlich wird Stress im Straßenverkehr erst, wenn die eingehenden Reize nicht mehr verarbeitet werden können.

Stress als Informationskiller 

Negative Belastungssituationen, die zum Stress führen, beeinflussen in erster Linie die Informationsverarbeitung. Wächst die Belastung, reduziert sich auch die Geschwindigkeit der Informationsaufnahme.

Nicht nur die direkte Verkehrssituation belastet uns während der Fahrt. Die optimale Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung wird darüber hinaus durch viele weitere Faktoren beeinflusst, die außerhalb des direkten Verkehrsgeschehens liegen.

Hierzu gehören zum Beispiel:

  • familiäre und berufliche Probleme
  • Zeitdruck
  • Ablenkung
  • körperliches Befinden
  • Wettersituationen

Diese komplexen Zusammenhänge müssen den Fahrschülern – aber auch den Fahrlehrer-Anwärtern – näher gebracht werden. Um dem Stress als Informationskiller zu begegnen müssen wir sorgsam mit unserem Informationshaushalt umgehen. Ist er überlastet, werden andere Verkehrsteilnehmer, Schilder oder Signale nicht mehr vollständig wahrgenommen.

Anti-Stressfaktoren 

Dem Stress als Informationskiller kann man dadurch begegnen, dass man mit seinem Informationshaushalt sorgsam umgeht. Es sind also Informationsreserven zu schaffen.

Anti-Stress-Faktoren können sein:

  • Wissen und Erfahrung
  • Routinehandlungen im Fahrablauf
  • rücksichtsvolles Verhalten
  • Toleranz gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern
  • aktive körperliche Bewegung, z.B. Laufen, Walking, Wandern

Maßnahmen gegen den Stress und seine negativen Folgen setzen sich aus vielen unterschiedlichen Bausteinen zusammen. Erst gemeinsam ergeben sie einen stabilen Schutzwall. Weiteres hilfreiches Hintergrundwissen zu diesem Thema bietet die Broschüre: „Psychologie zum Anfassen“ von Benno Fengler, im Vertrieb des Verkehrs-Verlag, Remagen. 

 

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